Elementarschadenversicherung – Ein in Deutschland komplexes Thema trifft auf französische Leichtigkeit

Seit Jahren diskutiert „Versicherungsdeutschland“ über die dramatische Schadenentwicklung in der Gebäudeversicherung. Die Schadenzahlungen und Kosten der Versicherer summieren sich meist auf einen Betrag, der deutlich über den vereinnahmten Versicherungsbeiträgen liegt. Stetig steigende Gebäudeversicherungsbeiträge sind die Folge. Neben den „üblichen“ Leitungswasserschäden sind mittlerweile die Schäden aus Naturereignissen ein relevanter Treiber für den aus Sicht der Versicherer negativen Verlauf. Zumindest für den Teil der Naturereignisse haben unsere französischen Nachbarn bereits seit vielen Jahren eine funktionierende Lösung.

Die erweiterte Elementarschadenversicherung in Deutschland

Nachdem die Naturereignisse seit Jahren in immer enger werdenden Zyklen schadenbedingte „Jahrhundertereignisse“ in unterschiedlichen Regionen Deutschlands ergeben, wird regelmäßig über die Versicherungspflicht diskutiert. Bisher konnten sich aber weder Bund und Länder noch die Versicherungswirtschaft zu einem einheitlichen Lösungsweg verständigen. Auch wenn sich die Durchdringungsquote in den letzten Jahren auf mittlerweile 54 Prozent gesteigert hat, sind viele Gebäude in Deutschland weiterhin unversichert.

Zum einen sorgt das Zonierungssystem (ZÜRS) dafür, dass Gebäude mit einem Elementarschaden aus den vergangenen 10 Jahren quasi nicht versicherbar sind. Auf der anderen Seite haben die Steigerungen der Gebäudeversicherungsbeiträge in den letzten Jahren zu einer zögerlichen Zunahme der Elementarschadenversicherung geführt, die optional als Ergänzung hinzugekauft werden kann. Nicht zuletzt sind es auch mögliche Ausschlüsse (z. B. Ostsee „Sturmflut“), die auf der Regulierungsseite Komplexitäten mit sich bringen.

Professionelle Vermieter aus der deutschen Wohnungswirtschaft zögern dagegen nicht mehr, den wirtschaftlich und aus Risikogesichtspunkten sinnvollen Versicherungsschutz einzukaufen. Mit dem Wunsch, für die Herausforderungen den richtigen Anbieter zu finden und ein reibungsloses Schadenmanagement zu erhalten, nutzen sie spezialisierte Versicherungsmakler.

Inspiration aus Frankreich

In Frankreich gibt es ebenfalls keine verpflichtende Gebäude- und Elementarschadenversicherung. Entscheidet man sich jedoch für eine Gebäudeversicherung, ist die inkludierte Elementarschadenversicherung obligatorisch. Im Ergebnis liegt die Durchdringungsquote bei 98 Prozent.

Frankreich sichert der dortigen Versicherungswirtschaft mit einer staatlichen Rückversicherung und einer staatlichen Garantie die wirtschaftliche Funktionalität der Elementarschadenversicherung. Somit können auch die Beiträge im Rahmen gehalten werden. Derzeit werden 12 Prozent Aufschlag zur bestehenden Gebäude- und Hausratversicherung berechnet. Durchschnittlich ergibt dies pro Vertrag 26 EUR für das Elementarrisiko. Ab dem Jahr 2025 ist aber auch hier eine Erhöhung vorgesehen.

Durch die hohe Durchdringungsquote von 98 Prozent ist die wirtschaftliche Funktionalität durch den Grundgedanken von Versicherung, nämlich dem Solidarprinzip, überwiegend gegeben. Der Staat musste mit seiner Sicherungsgarantie seit 1982 erst einmal in Höhe von 263 Mio. EUR unterstützend helfen. Der deutsche Staat hat allein bei der Katastrophe 2021 im Ahrtal rund 30 Mrd. EUR gezahlt.

Auch bei der Regulierungspraxis hat Frankreich eine einfache und klare Regelung geschaffen. Beantragt die betroffene Region bei der Präfektur die Anerkennung des Status als Naturkatastrophe, werden die Versicherer mit einem klar strukturierten Regulierungsauftrag angewiesen, der Versichertengemeinschaft zu helfen. Sowohl Schadenmeldung als auch der Regulierungsprozess der Versicherer ist hier festgelegt und gibt allen Beteiligten eine Orientierung.

Fazit

Eine Kopie des französischen Systems auf die deutsche Situation zu übertragen, ist aus vielerlei Gründen nicht so ohne weiteres möglich. Damit das privatwirtschaftliche Versicherungssystem in Deutschland eine in vielen Punkten direkte staatliche Einflussnahme nach dem französischen System zulässt, wären einige Hürden zu überspringen. Eine Inspiration kann die jahrzehntelange Vorgehensweise in unserem Nachbarland aber trotzdem sein.

Guido Raasch

Leiter Versicherung bei Dr. Klein Wowi und Autor von Fachbüchern zu Versicherungen in der Wohnungswirtschaft.

 

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